Auf die Frage, was für eine Beziehung mein Partner und ich führen, habe ich einmal die folgende Antwort gegeben (aus Platzgründen gebe ich hier nur den letzten Satz wieder): „Ich kann einem neuen Date von mir mit Sicherheit eigentlich nur sagen, dass ich nicht single bin.“
Ich befinde mich in einer Partnerschaft, die schon seit einigen Jahren besteht und die nicht verhindert, dass ich auch weitere Menschen mit „romantischen Absichten“ kennenlerne und treffe. So hält es mein Partner ebenfalls und zwar genauso wenig heimlich wie ich. Ganz im Gegenteil halten wir uns, nicht zuletzt, weil wir uns ein gemeinsames Zuhause teilen, über unsere Affären oder Romanzen sehr aktuell auf dem Laufenden. Diese Weise eine Partnerschaft zu leben, kann man als konsensuelle Non-Monogamy bezeichnen
Aber wie funktioniert das? Wie sind wir auf die Idee gekommen, unsere Beziehung nicht-monogam zu führen? Und how come, dass wir uns vor lauter Eifersucht oder reinem Gefühlschaos nicht schon längst zerstritten haben? Falls meine Antworten auf diese und weitere Fragen für dich von Interesse sind oder du das Gefühl hast, andere Texte zu Nicht-Monogamie auf diesem Blog nicht nachvollziehen zu können, dann hilft das folgende FAQ dir hoffentlich weiter.
Die meisten Antworten basieren rein auf meinen eigenen Erfahrungen, Entscheidungen oder Sichtweisen auf Zwischenmenschlichkeit. Allgemeine bzw. empirisch fundierte Einsichten über alternative Beziehungs- und Liebensmodelle sind nicht einfach in einem Standardwerk gesammelt zu finden. Auch wenn es durchaus ein sehr spannendes internationales Forschungsgebiet geworden ist. Die „Regeln“ von Nicht-Monogamie sind genauso wenig oder allgemeingültig formuliert worden, wie die von monogamen Beziehungen.
Auch wenn viele Menschen zu Beginn einer monogamen Partnerschaft in stiller Übereinkunft davon ausgehen, dass der*die Partner*in ja sicher schon weiß, wo die eigenen Grenzen liegen…Und dann tief verletzt sind, wenn das committete Gegenüber einem den harmlosen Flirt auf der Arbeit übelnimmt. „Das war doch noch kein Fremdgehen?!“ …Ich schweife ab. Zwinkersmiley
Unausweichliche Expert*innen (I like very much)
Wer sich gerne die Perspektive zweier sehr erfahrener Personen in Sachen Poly-Angelegenheiten durchlesen möchte, der*die ist mit einem Klassiker gut beraten: The Ethical Slut (deutscher Titel: Schlampen mit Moral) von Easton und Hardy war über Jahrzehnte das Einstiegsbuch für alle, die sich abseits von Monogamie, aber nicht im Graubereich geheimer Liebesaffären bewegen wollten. Die Texte der Autor*innen prägten die Begriffe rund um „ethical non-monogamy“, was heute eher mit „konsensueller Nicht-Monogamie“ übersetzt wird.
Eine sehr sympathische, offene und wissenschaftlich orientierte Perspektive auf Promiskuität und alternative Beziehungsmodelle, aber auch Sexualität im Allgemeinen bietet Dr. Zhana u.a. in Online-Talks und über ihren Instagramaccount. Und wer an der Wurzel des (Un-)Treueübels interessiert ist, der*die kommt nicht darum herum die Vorträge, Podcast-Interviews und Bücher der leidenschaftlich-feinfühligen Paartherapeutin Esther Perel Aufmerksamkeit zu schenken. Ich habe bisher niemanden verständnisvoller und einsichtiger über Untreue, Monogamie und sexuelle Leidenschaft langjährig monogamer Paare sprechen hören. Hier gibt’s einen Link zu einem Interview gemeinsam mit dem nicht minder bemerkenswerten Dan Savage:
Das sind nur einige der herausragenden Menschen, die mir bisher im spannenden Diskurs über erotische, romantische und intime Zwischenmenschlichkeit begegnet sind. Ihre Ideen, Thesen, Studienresultate, Erfahrungen und Einsichten über den Menschen als soziales, aber auch den eigenen Vorteil suchendes Wesen, haben mich beeindruckt, überrascht und beruhigt. Dass es in diesem Feld, das uns alle berührt und betrifft, spaltet und gleichsetzt, viel zu entdecken gibt, wird mir immer wieder klar, wenn ich mit Leuten spreche, die sich mit konsensueller Nicht-Monogamie noch nicht gut auskennen. Wenn sich meinem Gegenüber dann offenbart, dass man es bei mir mit einer abseits der Norm liebenden Person zu tun hat, sind die ersten Reaktionen bisher vielfältig gewesen:
Ich sah und hörte Skepsis, Überraschung, Begeisterung, Neid, Abscheu & Verurteilung, Freude, Toleranz. Aber in fast allen Situationen einten sie sich mit Neugier und Interesse. Manchmal setzten sich die nachfolgenden Gespräche mit einem „Damit habe ich auch Erfahrung“ in Gang. Häufig werden sie mit einem „Also ich könnte das ja nicht“ oder „Für mich wäre das bestimmt nichts“ eingeleitet. Aber fortgesetzt wird immer mit Fragen.
Persönlich, digital, Fremden, Freunden, Familie habe ich schon auf solche Fragen geantwortet und das meistens sehr gerne. Über die Zeit wurden manche Fragen nerviger zu beantworten als andere, weil sie sich meistens um dieselben wenigen Details und Vorurteile drehten. Oder weil die Fragenden sich ihre präferierte Antwort bereits selbst zurechtgelegt hatten und diese vehement bestätigt sehen wollten. Ich habe viel diskutiert in den letzten Jahren. Ich habe berichtet, gepredigt, versucht zu überzeugen, mich gerechtfertigt, beschrieben, verhandelt und selten auch gestritten, wenn es um die Antworten ging.
Heute sind Beziehungen immer noch ein hochinteressantes Thema für mich. Aber eins ist mir mit der Zeit sehr wichtig geworden: Respektvolle Akzeptanz und Toleranz gegenüber der vielfältigen Liebesformen aller Menschen. Und ich denke, dass man so etwas vor allem über Aufklärung und Kennenlernen erreichen kann.
Aus diesem Grund widmet sich dieser Beitrag den Fragen, die mir oft gestellt wurden, oder die in meinen Augen besonders interessant sind und meinen persönlichen Antworten darauf. Und nein, ich erhebe natürlich keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit.
Stattdessen empfehle ich sogar sehr, dass auch den Perspektiven anderer Personen Aufmerksamkeit geschenkt wird, die sich trauen, öffentlich über ihr alternatives Liebes- und Sexleben zu berichten. Es sind die Blogs und persönlichen Webseiten, aber auch die Bücher oder Podcasts einzelner Personen oder Paaren oder Polycules wie Katja Lewina, @tantekante, Nadine Primo, Beziehungsweise unverblümt Podcast oder Polyplom uvm., an die ich dabei denke. Um mehr und zuverlässige Einsichten über die vielen Wege konsensueller Nicht-Monogamie zu bekommen, informiere dich am besten direkt bei Leuten, die sie leben oder erfahren haben und nicht in häufig gehypten reißerischen Berichten (oder sogar Spielfilmen/Serien) über sie.
Ich habe 13 Fragen ausführlich beantwortet. Sogar so ausführlich, dass ich diesen Beitrag in zwei Teile aufteilen möchte. Zusätzlich zu meinen obigen Empfehlungen und Tipps starte ich hier mit den ersten 5 Fragen & Antworten. Die übrigen 8 folgen im nächsten Beitrag auf diesem Blog und drehen sich unter anderem um Eifersucht, Vergleiche zwischen Partner*innen, wie wir unsere Beziehung geöffnet haben und für welche Paare Nicht-Monogamie in meinen Augen (nicht) geeignet ist… Also bleib gespannt und hier kommt jetzt endlich das FAQ.
Non-Monogamy FAQ – Teil 1
1. Wo liegt der Unterschied zwischen einer offenen Beziehung und einer polyamoren Partnerschaft?
Nach meinem Verständnis liegt der hauptsächliche Unterschied darin, ob die Beteiligten auch in verbindlichen romantischen Beziehungen zu Dritten stehen (wollen) oder nicht. In beiden Fällen ist es sehr wahrscheinlich, dass körperlich-intime, rein sexuelle oder auch sexuell-freundschaftliche Verbindungen außerhalb einer Paarbeziehung gepflegt werden. Meiner Erfahrungen nach beschränken sich die meisten Menschen in offenen Beziehungen hinsichtlich weiterer Partner*innen genau darauf und rechnen nicht damit bzw. versuchen zu verhindern, dass auch zu Dritten committete Partnerschaften entstehen. Einfach gesagt, soll die Liebe sich nur auf das Paar beschränken, das die Abmachung getroffen hat, nicht mehr sexuell exklusiv zu leben. Im Vorhinein ist es aber sicherlich nicht so leicht auszuschließen, dass nicht auch zu weiteren Menschen romantische Gefühle und der Wunsch nach fester Bindung entstehen.
Ich halte es für wahrscheinlich, dass es sich bei diesen beiden Beziehungsformen nicht um zwei trennscharfe Kategorien handelt, sondern um zwei Bereiche auf derselben Skala. In meiner Vorstellung erstreckt diese sich von „strikt monogam“ über „seriell monogam“ und „gemeinsam manchmal sexuell nicht exklusiv“ (und vielen Varianten mehr) bis hin zu „polyamor und in vielen Partnerschaften/romantischen Konstellationen lebend“. Ich denke, dass es möglich ist, innerhalb derselben Beziehung über abgegrenzte Zeiträume auf unterschiedlichen Punkten dieser Skala angesiedelt zu sein.
Genauso wie sich Beziehungen, die man gleichzeitig zu unterschiedlichen Personen führt, in verschiedenen Stadien dieser fließenden Einteilung befinden können. Stell dir diese Achse nicht als einen fortschreitenden Zeitstrahl oder als eine Einbahnstraße vor, man kann sich auf ihr hin und zurück bewegen.
Dazu kommt, dass ich nicht denke, dass sich das Prinzip „relationship escalator“ darauf anwenden lassen muss. Damit meine ich, dass es sich nicht um eine unaufhaltsame Entwicklung hin zur gelebten Polyamorie handelt, wenn ein ursprünglich monogames Paar sich für Intimität mit weiteren Menschen öffnet. Sprich, auf der Skala einen kleinen Schritt weiter in Richtung „polyamor“ rückt. Die offene Beziehung zweier Menschen kann sich über die Zeit und das Zusammentreffen mit weiteren Partnern*innen sicherlich zu einer polyamoren Konstellation verändern. Diese Partner*innen können alle gemeinsam eine Beziehung führen oder mehrere parallel laufende. Oder das nicht-monogame Paar bleibt „nur“ sexuell offen, weil sich niemand in andere Leute verliebt. Die Möglichkeiten sind vielseitig und Labels gibt es einige. Für viele poly-lebende Personen spielen Labels und Bezeichnungen für ihre Beziehungen tatsächlich nur eine untergeordnete Rolle, da alles auf individuellen Absprachen beruht. Meistens helfen derartige Definitionen zur Einordnung eher „Leuten von außen“ als den Beteiligten, die ihre Liebe und Zuneigungen selbst nur ungerne in Schubladen einsortieren.
2. Kann das denn überhaupt Liebe sein? Ist dein Partner nur ein „temporärer Notstopfen“?
Ich denke, es ist generell nicht möglich anhand der Beziehungsform Rückschlüsse über die emotionale Grundlage einer Partnerschaft zu ziehen. Weder monogame noch nicht-monogame Beziehungsformen garantieren oder beweisen die Anwesenheit von Liebesgefühlen zwischen Partner*innen. Denn es handelt sich hierbei allein um die Konventionen, die Rahmenbedingungen der Beziehung, die die Beteiligten (bestenfalls) miteinander abgesprochen haben.
Für manche Menschen bedeutet Liebe, dass diese Bedingungen sexuelle Exklusivität zwischen den Liebenden beinhalten müssen. Für mich ist Liebe die bewusste Entscheidung, den beliebten Menschen in seinen*ihren Eigenarten und Bedürfnissen zu akzeptieren. Auch wenn diese Bedürfnisse die Form anderer intimer Begegnungen als die mit mir annehmen. Deshalb ja, man kann auch dann jemand anderen lieben, wenn man gleichzeitig nicht-monogam lebt. Und nein, fehlende sexuelle Exklusivität bedeutet nicht automatisch, dass man sich eigentlich die ganze Zeit nach der Person umsieht, die man „tatsächlich liebt“.
Ich weiß, es mag anfänglich schwer zu glauben sein. Schließlich ist die Erzählung der monogamen, einzigen, ewig andauernden, romantischen Liebe in unserer Gesellschaft sehr mächtig, allgegenwärtig und dementsprechend prägend. Aber so wie meistens im Leben funktioniert der „one size fits all“ Ansatz auch in der Liebe nicht. Und anders als die Mehrheit zu lieben, bedeutet nicht, gar nicht zu lieben oder sich nicht binden zu können.
Ähnlich wie wir uns möglicherweise nur schwer vorstellen können, wie sich Liebe mit einer anderen sexuellen Orientierung als unserer eigenen anfühlt, können wir uns Liebe nicht gut in einer anderen Beziehungsform als unserer gewohnten vorstellen. Dennoch spricht die Mehrheitsgesellschaft beispielsweise homosexuellen Menschen nicht mehr ab, dass sie sich lieben können. Spätestens die Einführung der „Ehe für alle“ hat das in Deutschland offiziell werden lassen. Vielen nicht-monogam lebenden Personen wird aufgrund ihrer Partnerschaftsform schnell und vehement abgesprochen, ihre Partner*innen zu lieben. Dabei ist es doch völlig absurd, die Deutungshoheit über die Liebesgefühle einer anderen Person an sich zu reißen.
Und mal ehrlich: „Ich liebe X.“ „Nein, tust du nicht!“ – Wem hat so eine Diskussion jemals auch nur ein Stück weitergeholfen? Statt hilfreich ist dieses Verhalten eigentlich nur eins: Diskriminierend. Sollten wir besser lassen.
3. Was fehlte dir in einer monogamen Partnerschaft oder warum möchte man nicht-monogam leben? Bist du jetzt glücklicher als vorher?
Ich denke, keine Beziehung ist perfekt. Vor allem denke ich, dass Beziehungen auch gar nicht dazu da sind, um perfekt zu sein, „alles zu bieten“. Um sehr direkt zu werden: In welcher Beziehungsform „hat man alles“? Unsere Partner*innen sind keine praktischen Allrounder-Modelle oder All-you-can-think-of Wunschbuffets. Das sind Menschen und keine Dienstleister*innen für unser persönliches Lebensglück.
Natürlich verzichten wir auf Aspekte, wenn wir uns für eine Person entscheiden, mit der wir monogam sein wollen. Immer und ausnahmslos, weil dieser Mensch nicht alle Facetten abbilden kann. Auch eine nicht-monogame Liebensweise ändert daran nichts. Sie erlaubte mir aber, den Anspruch, dass mein Partner der einzige und perfekte Alleskönner für mich sein soll, loszulassen. Den Anspruch, dass ich nur mit diesem Alleskönner glücklich werden kann, weil mir dann nichts fehlt. Oder umgekehrt, dass ich alles für meinen Partner verkörpern muss, damit er mich nicht verlässt.
Es klingt ein wenig paradox, aber natürlich gibt ein einzelner Mensch mir nicht „alles“ und trotzdem muss mir nichts „fehlen“, damit ich sexuell nicht-exklusiv leben möchte. Wir haben unsere Beziehung nicht aus einer Not heraus oder einer Art ungestilltem Verlangen geöffnet. Wir waren einfach nur neugierig darauf, wie es ist, eine so unerschütterliche Konvention wie die monogame Paarbeziehung zu verlassen. Anzuerkennen, dass wir dadurch nichts verlieren, wenn wir Intimität mit mehreren Menschen genießen, war eine erstaunliche Sache. Sie zeigte mir, dass es sich ab und zu lohnt Konventionen in Frage zu stellen.
Ich würde nicht sagen, dass mich dieser Schritt glücklicher gemacht hat, denn ich war auch vorher glücklich. Ich fühle mich jetzt aufgeklärter über meine Persönlichkeit und meine Fähigkeiten. Ich fühle mich entspannter und erleichtert. Ein Schritt auf unbekanntes Terrain hat sich bis hier hin als genauso richtiger Weg erwiesen. Und ich habe gelernt, dass es sich unglaublich gut anfühlt, von meinem Partner so akzeptiert zu werden, wie ich bin und dabei viel Vertrauen zu erfahren.
Klar, das alles kann ich auch erfahren, wenn ich monogam lebe. Darin besteht in unserem Fall zwischen monogam und nicht-monogam kein Unterschied. Wenn das also in beiden Fällen der Status Quo ist, wieso sollte ich mir und meinem Partner dann schöne Begegnungen mit anderen Menschen vorenthalten, wenn wir davon keinen Nachteil haben? Deshalb fällt die Entscheidung auch weiterhin gegen die Monogamie.
4. Wart ihr von Anfang an nicht-monogam oder kannst du dir (wieder) eine monogame, sexuell exklusive Beziehung vorstellen? Vielleicht wenn Kinder ins Spiel kommen?
Nein, mein Partner und ich führten für die ersten ca. 2,5 Jahre eine monogame Partnerschaft. Bis auf einige wenige (gemeinsame) Abenteuer waren wir sexuell exklusiv. Wir hatten uns allerdings auch nie zusammengesetzt, um die Grenzen unserer Beziehung zu definieren und gingen, wie es gemeinhin sehr üblich ist, davon aus, dass wir ein deckungsgleiches Verständnis von Dos and Don’ts in einer Beziehung hätten. Glücklicherweise und ich vermute auch zufälligerweise sind wir damit nicht ins Stolpern geraten. Gelegentlich spielten harmlosere Eifersüchteleien eine Rolle.
Festzustellen, dass wir beide den Gedanken spannend fanden, uns auf sexueller Ebene auch mit anderen Menschen einzulassen und das auch praktisch auszutesten, war ein gemeinsames Experiment. Mittlerweile ist es schlichte, aber auch sehr geschätzte Normalität. Diese Beziehungsform fühlt sich zwischen ihm und mir genauso gut an, wie vorher die Monogamie. Deshalb, ja, ich kann mir auch vorstellen (so wie in Zeiten von Kontaktbeschränkungen) mit meinem Partner erneut monogam zu leben. Ich sehe nur aktuell keinen Grund dafür. Dass wir uns etwas wieder gegenseitig vorenthalten, von dem wir beide profitieren, sollte einen deutlichen Vorteil (Höheres Sicherheitsgefühl? Weniger Kommunikationsaufwand? Größere „Gerechtigkeit“? Naja) für die Beteiligten mit sich bringen. Den kann ich gerade einfach nicht erkennen.
Ob Kinder daran etwas ändern würden, ist sicher eine sehr individuelle Frage. Ich gehe nicht davon aus, dass ein konsensuell nicht-monogames Liebesleben „nur eine Phase“ sein muss, die sich natürlicherweise von selbst beendet, „wenn man sesshaft wird“. Dazu gibt es viel zu viele großartige Gegenbeispiele sowohl in meinem weiteren persönlichen Umfeld als auch in der Öffentlichkeit: Lies oder hör doch mal nach, was Katja Lewina oder @tantekante von ihren offenen Konstellationen mit Kindern erzählen. Und nein, das sind keine Fälle von Kindeswohlgefährdung, sondern liebevolle alternative Familienkonzepte aus dem echten Leben. Du musst jetzt nicht die Nummer vom Jugendamt googlen. Zwinkersmiley
5. Weiß dein/euer persönliches Umfeld von der offenen Beziehung und wie haben die Menschen reagiert? Was erzählst du potenziellen Dates?
Ja, der Großteil unseres Umfelds weiß darüber Bescheid. Ich spreche offen über Dating und in welcher Beziehung ich zu Leuten stehe, die ich im romantischen Sinne kennenlerne. Für mich ist das Thema kein Tabu und damit auch nichts, das ich absichtlich verstecken oder verschweigen würde.
Im Gegensatz zu mir hat sich mein Partner allerdings dazu entschieden, seine Familie nicht einzuweihen. Er bezieht sich dahingehend stärker auf seine Privatsphäre als ich das tue und das respektiere ich so.
Potentiellen Dates erzählen wir so früh wie möglich, dass wir bereits in einer konsensuell nicht-monogamen Beziehung leben. Alles andere würde sich für mich eher unehrlich und unnötig verschleiernd anfühlen. In meinem Fall ist es für das Daten von Männern auch kein Nachteil bereits so gebunden zu sein. Das wirkt auf viele offenbar unkompliziert und dadurch attraktiv. Mein Partner, der Frauen datet, macht dahingehend ganz andere Erfahrungen. Er stößt häufig zwar auf Toleranz, aber trotzdem auch auf viel Zurückhaltung, wenn es darum geht, ihn zu daten.
Die meisten Reaktionen, die ich bekomme, sind positiv-interessiert. Ob die Leute ähnliche Konzepte selbst leben, sich das vorstellen können oder nicht. Negative oder ablehnende Rückmeldung kommt selten. Wenn sie kommt, dann meistens von Fremden, die unsere Situation nicht einschätzen können, recht schnell projizieren und dadurch überreagieren.
Ich denke, unser Umfeld reagiert durchweg so positiv, da sie unsere Dynamik erleben und erkennen, dass niemand hintergangen oder ausgenutzt wird. Und letztlich, dass alternative Beziehungsformen so ziemlich stinknormal sein können.
Fortsetzung des FAQ mit weiteren 8 Fragen & Antworten im nächsten Beitrag!