Das mit uns ist schon erstaunlich. Dass wir uns überhaupt verstehen, wenn wir miteinander reden, ist erstaunlich. Wir denken meistens, wir formulieren präzise und fühlen uns offen und direkt, kommunizieren aber oft auf die chaotischste Weise, auf die man ein Sprachsystem verwenden kann. Wir nutzen Metaphern anstatt Klartext, Füllwörter, Ersatzbegriffe, hier Dings, ungefähre Verweise und Abkürzungen, versprechen uns andauernd und brechen Gedankengänge oder Sätze fast so häufig ab, wie wir sie zu Ende führen.
Manchmal kommen zusätzliche Schwierigkeiten hinzu, Sprachbarrieren, wenn die jeweiligen Muttersprachen nicht zum Einsatz kommen können. Dass Sprache überhaupt eine Barriere bilden kann. Wo Kommunikation doch Brücken baut, Ideen verwirklicht, Menschen verbindet. Auch ohne gemeinsame Sprache kann diese Verbindung entstehen, es braucht vielleicht nur etwas mehr Zeit.
Wirklich schwierig wird es eigentlich erst, wenn uns das richtige Vokabular fehlt oder sogar der Wille mitzuteilen, was in uns vorgeht. Weil wir nicht in verständliche oder sogar verträgliche Worte fassen können, wie wir wirklich fühlen. Das, das Unvermögen oder der Unwille zur Kommunikation, zieht Barrieren zwischen den Menschen, nicht unterschiedliche Sprachen.
Wenn es um Kommunikation über zwischenmenschliche Beziehungen und die involvierten Gefühle geht, haben sich in meinen Augen die interessantesten Begrifflichkeiten herausgebildet. Und zwar größtmöglich Klarheit vermeidende Begrifflichkeiten. An einem Punkt sozialer Interaktion, an dem Missverständnisse besonders viel Herzschmerz anrichten können, drücken wir uns unpraktischerweise häufig am wenigsten präzise aus. Die Angst vor der eigenen Verletzlichkeit, die dadurch sichtbar wird, ist eigentlich fast niedlich. Aber eben auch hart unpraktisch, um den heißen Brei auch mal auszulöffeln, zu reden und glücklich zu werden. Mit- und ohneeinander.
Eine dieser Phrasen, auf die ich hier anspiele, ist das nicht unsympathische „das mit uns“. Beispiele für die Verwendung sind:
„Was ist das mit uns eigentlich?“
„Du, das mit uns geht so nicht weiter.“
Oder „Für mich ist das mit uns schon etwas Ernstes!“
Das mit uns ist genauso ungenau, wie wir es wollen
Diese Beispiele lassen gut erkennen, dass „das mit uns“ etwas ziemlich Flexibles zu sein scheint. Der Kontext kann zugewandt-positiv wirken oder ablehnende Grenzen setzen. Aber es bleibt im Kern immer recht undefiniert. „Das mit uns“ spricht von einem Verhältnis ohne es offen als solches zu benennen. Es geht quasi um Liebe und Intimität zwischen den Zeilen, hinter Worten wie „das“ versteckt, die auf ungezählt viele Dinge gleichzeitig verweisen können. Kontext ist hier Trumpf.
„Das mit uns“ kann zu jedem Zeitpunkt in jede Richtung kippen. Ein tendenziell angespannter Status, den die Beteiligten oft nicht gleichermaßen lang aufrechterhalten wollen. Ein so angespannter Status scheint förmlich nach einem maximal locker definierten Begriff zu schreien, um zu überspielen, wie unlocker eigentlich alles daran ist. Im Dating Game möchte heute aber niemand als unlocker erscheinen, denn das sei wirklich unattraktiv.
Am Ende wird man noch für needy und abhängig gehalten, obwohl tatsächlich nur der Wunsch nach reifer Verbindlichkeit besteht. Ein Wunsch, der schnell damit überbrüllt wird, dass man dadurch „Drama“ auslösen würde. Sodass sich gerade diejenigen „Drama“ ausgesetzt sehen, die doch extra noch in ihre Tinder Bio geschrieben haben, dass die das gerade nicht suchen. Tell me, what else is new?
Das mit uns allen ist quasi schon so krampfhaft und ununterbrochen aufgelockert, dass wir eigentlich komplett losgelöst voneinander umhertreiben im Pool aus Matches und Möglichkeiten. Da wirkt es doch fast ironisch, dass wir auch von Dating Apps als sozialen Netzwerken sprechen, obwohl nie irgendwo strings attached zu sein scheinen. Das mit uns und der Liebe zwischen den Zeilen, ich bin mir nicht sicher, ob das dauerhaft so funktioniert. Ich hätte lieber Liebe zwischen den Menschen.
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