Dieser Beitrag erschien auch als Gastartikel bei RomantischER wird’s nicht
Manche Begegnungen sind wie Postkarten. Man findet sie entspannt, im Urlaub, nicht in der gewohnten Umgebung. Sie strahlen die verheißungsvollsten Dinge aus. Allein durch ihre erste oberflächliche Erscheinung.
Viel mehr ist auch nicht dahinter, keine wortreiche Kehrseite, aber das macht nichts. Denn dafür nehmen wir sie nicht mit. Wir wissen, wir lassen uns auf einen knappen Gruß ein. Eine Leichtigkeit liegt im Flüchtigen. Wir können sie mit Freiheit verbinden, wenn wir uns dafür entscheiden.
Ihre Knappheit lässt spüren wie kurzweilig der Aufenthalt war. Im Urlaubskontext wirkt die Distanz, die mit ihrem Erhalt einhergeht, erwünscht, erholsam und erwartet. Erneut eine Frage der Betrachtungsweise.
Eine Begegnung wie eine Postkarte schafft Abstand zum Alltag, hat nur Platz für die guten Zeiten. Die Sonne scheint, das Essen schmeckt. Wem die gute Erinnerung gehört, ist egal, der Effekt, wenn man sie betrachtet, ist eh ein individueller Traum.
So schnell eine Postkarte gekauft und ausgefüllt wäre, den Meisten fällt es schwer das durchzuziehen. Zu viele Unbekannte, zu viel Raum für Entscheidungen, man ist schließlich im Urlaub und wer weiß schon noch, wie viel eine Briefmarke nach überall kostet? Am Ende ist es teurer als die Begegnung wert war? Am Ende muss ich den Aufwand vor mir rechtfertigen? Es soll doch leicht sein, mühelos, ohne Reue.
Bereuen wir den Ausbruch aus dem Altbekannten, wenn uns danach die Sehnsucht ab und zu besucht? Oder wenn sie eine ständige Begleiterin wird? Die Fee, die die anderen Wiesen immer so viel grüner und saftiger erscheinen lässt. Fata Morgana oder Kompassnadel Richtung gutes Leben?
Ja, Sehnsucht zerrt umso mehr, je frischer die Erinnerung an den letzten Kick. Begegnungen wie Postkarten inkarnieren Fernweh, ein Wort, das in Schmerz wurzelt, aber Antrieb und Neugier beschreibt. Motivation die Distanz zu überbrücken, aus fern mach hier aus nah wird da.
„Da sein“ kann beides bedeuten: An einem anderen Ort oder am gerade erreichten. In diesem Zustand fühle ich mich, wenn ich die Rückseite der Postkarte wieder durchlese. Der Zeitpunkt steht mir frei, den Absender benötige ich nicht.
In ihrer Kürze liegt doch ihre Perfektion. Eine Beziehung eingekocht aufs Wesentliche, zu wenig, um viel davon zu vergessen. Tarnt sich unbedeutend und hängt doch an so vielen Wänden und Spiegeln bis sie vergilbt.
Postkarten lassen uns träumen. Von fernen schönen Orten genauso wie von schönen Stunden. Wie ambivalent Wunsch und Sehnsucht aber sein können, habe ich versucht in „Traumsex hat keine Kalorien“ festzuhalten.